Viele Menschen sind im Jugendalter vollkommen überfordert, wenn sie sich mit 13 oder 14 Jahren für einen Ausbildungsberuf entscheiden müssen. Zu Recht – denn rein entwicklungspsychologisch betrachtet ist man erst gegen Erreichen der Volljährigkeit so weit, diese Entscheidung treffen zu können.
Nach wie vor empfinde ich es als unglaubliches Glück, schon sehr früh gewusst zu haben, was ich beruflich machen möchte. Und glücklicherweise war es mir möglich, mein Hobby zum Beruf zu machen.

Im zarten Alter von 14 Jahren hatte ich begonnen, mich ehrenamtlich in der Jugendarbeit zu engagieren. Anfangs leitete ich eine wöchentliche Kindergruppe in meiner Heimat-Kirchengemeinde, später auch diverse Kinder- und Jugendfreizeiten in den Ferien. Je älter ich wurde, umso mehr engagierte ich mich auch in Entscheidungsgremien meines Jugendverbandes und des Jugendrings – zuletzt dann in bayernweiten Gremien.
Schon früh, etwa mit 15 Jahren, wusste ich, dass ich genau das auch beruflich machen wollte. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und später dann auch mit Multiplikator*innen machte mir so viel Spaß, dass ich beschloss, Soziale Arbeit zu studieren. Da der Entschluss schon früh feststand, ging ich dann auch bewusst nach der 10. Klasse vom Gymnasium auf die Fachoberschule, um dort „nur“ mein Fachabitur zu machen und im Anschluss zu studieren.

Während des Studiums begann ich in Oberfranken, hin und wieder Seminare mit Schulklassen im Bereich Bewerbungstraining und Berufsorientierung zu leiten. Schon damals machte mir die Seminararbeit unglaublich viel Freunde. Für mich war es damals schon das beste „Hobby“, das ich mir vorstellen konnte.

Nach dem Studium machte ich erstmal genau das hauptberuflich, was ich vorher jahrelang ehrenamtlich gemacht hatte – ich wurde Jugendreferentin in einer evangelischen Kirchengemeinde in Oberbayern. Da es nur eine halbe Stelle war, begann ich nach dem ersten Jahr, nebenbei freiberuflich Seminare zu geben. Zunächst waren dies Seminare mit Schulklassen zu Themen wie „Selbstbild – Fremdbild“ oder „Liebe, Freundschaft, Partnerschaft“. Im Jahre 2010 stieß ich dann auch eine Jugendbildungsstätte in Oberbayern, wo ich wieder begann, Seminare zum Thema Berufsorientierung zu geben. Dies wurde dann auch nach uns nach mein Schwerpunkt – zu dem ich mich auch fortbildete.

Als ich zusammen mit meinem Ex-Mann von Oberbayern zurück nach Oberfranken zog, hatte ich den Anspruch, eine Arbeit zu finden, die mich inhaltlich erfüllte. Da es damals aber leider keine passende Stelle gab, beschloss ich, übergangsmäßig in vollem Umfang freiberuflich zu arbeiten. Diese Übergangslösung dauerte dann zwei Jahre an und überdauerte sogar meine Ehe. Ich war fast jede Woche in einer anderen Bildungsstätte, tobte mich beruflich aus, lernte tolle Menschen kennen und entwickelten mich beruflich wie auch persönlich weiter.

Nach der Trennung ein Jahr später überlegte ich, wo ich im folgenden Schuljahr am häufigsten arbeiten würde. Das Ergebnis dieser Überlegung war, dass ich dann auf der Gelände meiner Oberbayerischen Bildungsstätte zog und dort eine Zeit lang in einer Betriebs-WG lebte. Es war eine lustige Zeit und auch eine arbeitsreiche. Ich arbeitete 60-80 Stunden pro Woche. Nicht nur, weil ich mich plötzlich wieder selbst über Wasser halten musste, sondern weil die Arbeit für mich Erfüllung und nicht nur Broterwerb war. Sie war mein Hobby, mein Spaß, mein Sozialleben.

Ich lernte meinen Mann kennen und bekam Kinder. Zwischen den Kindern gab ich Seminare auf freiberuflicher Basis – zum Ausgleich für mich.

Die Seminararbeit ist nach wie vor mein Hobby. Ein paar Mal im Jahr fahre ich weiterhin nach Oberbayern und gebe dort ein Berufsorientierungsseminar. Für mich gefühlt sind diese Wochen mein Urlaub – ich komme mal raus aus dem Alltag, sehe etwas anderes, mache etwas anderes, treffe mich abends mit alten Freunden zum Essen oder fahre mal in die Therme. Meine Auszeit. Und ganz ehrlich: es gibt nichts besseres, als mit Urlaub Geld zu verdienen! Zusätzlich bilde ich für unterschiedliche Träger Jugendleiter*innen aus, wofür ich aktuell eine Woche sowie zwei Wochenenden im Jahr weg bin.

Aber ich habe in den letzten Jahren auch gemerkt, dass ich durch die Kinder nicht mehr so oft wegfahren kann und will – und habe meine Seminare nach und nach reduziert. Ganz aufhören möchte ich aber nicht.
Im Zuge dessen habe ich mir zusätzlich einen Job vor Ort gesucht. Im Dezember 2017, nach dem Mutterschutz beim Babykind, begann ich als Aushilfe bei einem großen Bildungsträger hier in Leipzig. Zu Beginn arbeitete ich dort Samstags sieben Stunden und war so Ansprechpartner für die Samstagskurse. Im Zuge dessen, dass mein damaliger Chef ein paar Monate später das Unternehmen verlies, habe ich dann zum 01.05. aufgestockt und arbeite seither 16 Stunden pro Woche als pädagogische Fachkraft. Die Hälfte der Zeit weiterhin Samstags. Die andere Hälfte verteilt auf die Woche – wobei ich dreimal nur kurz im Büro bin, um Mails zu checken und Fragen zu beantworten, und einmal pro Woche dann länger. An meinem langen Tag wird das Babykind von einer Babysitterin bei mir im Büro betreut oder sie gehen auf den Spielplatz oder ähnliches.

Beim dritten Kind war von Anfang an klar: diesmal würde ich früh beginnen, wieder ein bisschen zu arbeiten – und dafür länger primär zu Hause sein. So, wie es jetzt ist, ist es für uns perfekt. Noch bis Mitte November 2019 werde ich Elterngeld Plus beziehen – ich werde also frühestens zum 01.12.2019 mehr arbeiten und bis dahin ganz viel Zeit für die Jungs haben.


Auch wenn kaum jemand nachvollziehen kann, dass Seminare geben für mich Urlaub ist und ich ohne Arbeit nicht leben kann – ich liebe mein Leben, so, wie es aktuell ist. Work-Life-Balance (zumindest meistens) gefunden!

Anfang August 2018